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Städte ohne Angst – wie soll das gehen?

In den letz­ten Jah­ren haben sich in der Gesell­schaft eini­ge Begrif­fe mani­fes­tiert, die man in regel­mä­ßi­gen Abstän­den immer wie­der hört. Zum einen ist das die No-Go-Area, die gan­ze Stadt­tei­le betrifft. Zum ande­ren spre­chen Bür­ger, Jour­na­lis­ten und Behör­den von den soge­nann­ten Angst­räu­men. Die­se umfas­sen einen enger gefass­ten Ort wie einen U‑Bahn-Aus­gang, wer­den aber von Men­schen nicht weni­ger gefürch­tet und ver­mie­den. Angst­räu­me sind daher ein Pro­blem von Städ­ten, denen Städ­te mit kom­mu­na­ler Kri­mi­nal­prä­ven­ti­on Herr wer­den muss. 

Was ist ein Angstraum?

Wel­che Stel­len einer Stadt man zu den Angst­räu­men zählt, hängt sehr oft von indi­vi­du­el­len Emp­fin­dun­gen ab. Ein sol­cher Ort ist zunächst ein­mal ein öffent­li­cher Bereich, bei oder vor des­sen Betre­ten Men­schen Angst ver­spü­ren. Dabei braucht an sol­chen Orten sta­tis­tisch gese­hen nicht mehr Gewalt zu pas­sie­ren als an ande­ren. Ent­schei­dend ist allein die Wahr­neh­mung der dor­ti­gen Gege­ben­hei­ten, sei es durch: 
  • schlecht beleuch­te­te Fußgängerwege,
  • unüber­sicht­li­che Stel­len (Unter­füh­run­gen, Container),
  • unein­seh­ba­re Stel­len (zuge­wach­se­ne Brückenenden)
oder sogar der eige­ne Haus­flur, in den man von außen nicht hin­ein­se­hen kann. Schät­zen meh­re­re Men­schen die Bedro­hungs­la­ge ähn­lich ein und tau­schen sich dar­über aus, bekom­men die jewei­li­gen Orte im öffent­li­chen Dia­log schnell die Bezeich­nung des „Angst­raums“. Befin­den sich meh­re­re sol­cher Stel­len inner­halb eines Vier­tels, kann dies zur Bil­dung einer No-Go-Area bei­tra­gen. Eine Ver­stär­kung die­ser Wahr­neh­mung durch media­le Mehr­be­richt­erstat­tung oder fik­ti­ve Fern­seh­in­hal­te, die an die­sen Stel­len spie­len, wird von der Sozi­al­for­schung bejaht.

Architektonisch gegen Angsträume vorgehen

In grö­ße­ren Städ­ten küm­mert sich das soge­nann­te Quar­tiers­ma­nage­ment um die Besei­ti­gung und Ver­mei­dung von furcht­ein­flö­ßen­den Orten in der Stadt. Es fun­giert damit als Schnitt­stel­le zwi­schen Stadt­ent­wick­lung und Sicher­heits­po­li­tik. Die Arbeit der Städ­te, Angst­räu­me abzu­bau­en, umfasst dabei all­ge­mein gesagt die regel­mä­ßi­ge Kon­trol­le und Instand­hal­tung öffent­li­cher Plät­ze und Flä­chen. Je nach Sach­zweck kann man die Maß­nah­men in meh­re­re Berei­che unter­tei­len.

Abbau von Sichtbarrieren

Damit die Sicht­wei­te für einen selbst, aber auch für poten­zi­el­le Zeu­gen in eini­ger Ent­fer­nung, gewähr­leis­tet ist, emp­feh­len sich fol­gen­de Dinge: 
  • Schaf­fung eines aus­rei­chen­den Beleuchtungskonzepts,
  • Recht­zei­ti­ge Repa­ra­tur defek­ter Leucht­ge­rä­te (Mel­dung in eini­gen Städ­ten bereits per App möglich)
  • Ver­än­dern der Stand­or­te von Sicht­bar­rie­ren wie Con­tai­nern außer­halb von Durch­gangs­we­gen und Sitzbereichen,
  • Rück­schnitt von Grün, das im Dun­keln die Sicht ver­sperrt (jedoch auch um Beschat­tung zu vermeiden)

Sicherstellung von Fluchtwegen und Behördenkontakt

Damit bei ver­meint­li­cher wie auch tat­säch­li­cher Gefahr rasch in siche­re Berei­che zurück­ge­wi­chen wer­den kann, und um Behör­den wie die Poli­zei schnell hin­zu­zie­hen zu kön­nen, helfen: 
  • mehr als nur 1 Aus­gangs­be­reich in Bahnhöfen,
  • Instal­la­ti­on von SOS-Säu­len und Meldeknöpfen,
  • Aus­weich­mög­lich­kei­ten in engen Passagen,
  • Kei­ne schall­schlu­cken­den Rund­de­cken für eine ent­spre­chen­de Rufweite,
  • Ori­en­tie­rungs­hil­fen wie Weg­wei­ser (u.a. zu einer Poli­zei­sta­ti­on) an Kreuzungen.

Weitere präventive Maßnahmen

Um die Ecke gedacht – dar­auf kommt es beim Quar­tiers­ma­nage­ment an. Dazu zählt, die Situa­ti­on vor der Gefah­ren­si­tua­ti­on zu ana­ly­sie­ren und ihre Ver­mei­dung im Vor­hin­ein zu ermög­li­chen. Maß­nah­men die dazu bei­tra­gen können: 
  • Anschluss­ga­ran­tie des ÖPNV bei Dienst­schluss (letz­ter Bus ver­passt letz­te Bahn),
  • Umwelt­päd­ago­gi­sche Kon­zep­te zur Müllvermeidung,
  • Bevor­zu­gung fest instal­lier­ter Außen­mö­bel (Bän­ke) gegen Vandalismus,
  • Beschil­de­run­gen, wel­che Behör­de bei wel­chen Beschä­di­gun­gen kon­tak­tiert wer­den kann.

Zusätzliche Kontrollmöglichkeiten sind vonnöten

Trotz des Wil­lens, sol­che Pro­jek­te hier­zu­lan­de mit gro­ßem Enga­ge­ment vor­an­zu­trei­ben, tre­ten immer wie­der ein paar Brem­sen auf. Wenn in bestimm­ten Vier­teln bei­spiels­wei­se Ein­fahr­ten nicht be- bzw. ange­leuch­tet wer­den kön­nen, kann die Stadt die Besit­zer nicht dazu zwin­gen. Betref­fen bestimm­te Vor­ha­ben die Hoheit gan­zer Woh­nungs­bau­ge­sell­schaf­ten, müs­sen Städ­te ver­su­chen, durch früh­zei­ti­ge und enge Part­ner­schaf­ten die Eigen­tü­mer in ihre Bera­tungs­kon­zep­te ein­zu­bin­den. Ana­log zur Video­be­wa­chung in Kom­mu­nen gilt jedoch auch für exis­tie­ren­den und im Abbau befind­li­chen Angst­räu­me, dass im Zwei­fel trotz­dem Sicher­heits­per­so­nal zur Kon­trol­le ein­ge­setzt wer­den muss. Archi­tek­to­ni­sche Maß­nah­men müs­sen auf ihre Funk­tio­na­li­tät über­prüft, Men­schen in Not wei­ter gehol­fen wer­den. Für die Ver­zah­nung bau­li­cher Maß­nah­men und dem bedach­ten Ein­satz von Sicher­heits­diens­ten bera­ten wir Sie, abge­stimmt auf und für Ihr kom­mu­na­les Stadtentwicklungskonzept.

Uwe Gerstenberg

Sicherheitsexperte Uwe Gerstenberg ist Autor zahlreicher Buchbeiträge und Fachartikel. Seine Schwerpunktthemen sind die private und öffentliche Sicherheit in Deutschland.