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Erhöhung der Sicherheit in Kommunen durch Videobewachung

In Zei­ten, in denen das Sicher­heits­be­dürf­nis der Bevöl­ke­rung wächst, gewinnt die Kri­mi­nal­prä­ven­ti­on für Kom­mu­nen immer mehr an Bedeu­tung. Eines ihrer fort­schritt­li­chen Mit­tel ist die Video­be­wa­chung von öffent­li­chen Räu­men. Die Kri­mi­nal­prä­ven­ti­on spricht die­ser Bewa­chungs­art einen für Straf­tä­ter abschre­cken­den Cha­rak­ter zu. Aller­dings ist der Ein­satz von Video­tech­nik bei Bevöl­ke­rung und Poli­tik umstritten. 

Lohnt sich die Installation von Kameras?

Eines der Pro-Argu­men­te für die Ver­wen­dung von Kame­ras ist die Unter­stüt­zung bei der Auf­klä­rung von Straf­ta­ten. Mit Hil­fe des tech­ni­schen Auges sind eine ein­fa­che­re Täter­er­ken­nung sowie die Doku­men­ta­ti­on von Tat­her­gän­gen mög­lich. Häu­fig greift die Poli­zei auf die Auf­zeich­nun­gen von Kame­ras zurück, um Straf­tä­ter auf­zu­spü­ren. Vie­les ver­spre­chen sich Poli­tik und Straf­voll­zugs­be­hör­den auch vom Abschre­ckungs­po­ten­zi­al der Video­be­wa­chung. Es besteht für Kri­mi­nel­le bei Aus­übung der Tat die Gefahr, wäh­rend­des­sen auf­ge­zeich­net zu wer­den. Auch kön­nen poten­zi­el­le Opfer, bevor ihnen etwas geschieht, Täter auf eine in Betrieb befind­li­che Kame­ra hin­wei­sen. Allein die Mög­lich­keit dazu stei­gert bereits das sub­jek­ti­ve Sicher­heits­emp­fin­den. Die jähr­lich statt­fin­den­de reprä­sen­ta­ti­ve Umfra­ge „Sicher­heits-Check Deutsch­land“, die 2017 aus der Zusam­men­ar­beit von See­Tec und You­Gov ent­stand, geht genau die­ser Fra­ge nach. Das Ergeb­nis: Gut ange­brach­te Kame­ras erhö­hen das sub­jek­ti­ve Sicher­heits­ge­fühl im öffent­li­chen Raum. 

Vor allem in Berei­chen, in denen das sub­jek­ti­ve Sicher­heits­emp­fin­den beson­ders gering ist (zum Bei­spiel bestimm­te U‑Bahnhöfe, die als Angst­räu­me gel­ten), befür­wor­ten die Befrag­ten den Ein­satz von Video­tech­nik. Ins­ge­samt betrach­tet, haben die Teil­neh­mer der Stu­di­en ten­den­zi­ell eine posi­ti­ve Ein­stel­lung zur Video­be­wa­chung, wie Aus­zü­ge aus dem Panel zeigen: 
  • 78% wün­schen sich in Regio­nal­zü­gen Videotechnik
  • 71% befür­wor­ten die Video­be­wa­chung auf öffent­li­chen Plätzen
  • 58% der Befrag­ten füh­len sich durch sicht­ba­re Kame­ras sehr viel oder eher sicherer

Zwischen Be- und Überwachung liegt ein schmaler Grat

Aller­dings wer­den Kame­ras  von Tei­len der Bevöl­ke­rung auch als Bedro­hung der Pri­vat­sphä­re wahr­ge­nom­men. Man­che Men­schen füh­len sich durch Video­tech­nik unter Gene­ral­ver­dacht gestellt und in ihrer Frei­heit beschränkt. Auch zu die­sem Punkt wur­den im „Sicher­heits-Check Deutsch­land“ Daten erho­ben. 24% der Deut­schen füh­len sich durch Video­be­wa­chung „kon­trol­liert“. Daher ist bei der Ent­schei­dung, ob und wo Kame­ras bei zum Ein­satz kom­men, auch die Exper­ti­se eines Sicher­heits­ex­per­ten not­wen­dig.

Verlagert sich die Kriminalität in nichtbewachte Bereiche?

Ein wei­te­res häu­fi­ges Gegen­ar­gu­ment der Video­be­wa­chung ist, dass sich die Straf­ta­ten in nicht erfass­te Berei­che ver­la­gern. So soll sich die Kri­mi­na­li­tät um einen Bahn­hof, nach­dem dort mit der Video­be­wa­chung begon­nen wird, auf Neben­stra­ßen und –plät­ze zurück­zie­hen. Grund­sätz­lich kann sich die­ses Phä­no­men so bestä­ti­gen, aller­dings unter einer wei­te­ren Prä­mis­se. Die Kri­mi­na­li­tät „zieht immer wei­ter um“, solan­ge die Über­wa­chung mit Kame­ras die ein­zi­ge sicher­heits­re­le­van­te Maß­nah­me ist. Gene­rell ist es nicht mög­lich, durch nur eine Maß­nah­me Kri­mi­na­li­tät zu ver­hin­dern. Wo das Auge der Video­be­wa­chung endet, beginnt der Ein­satz von Sicher­heits­kräf­ten, intel­li­gen­ter Archi­tek­tur und wei­te­rer Maß­nah­men.

Videobewachung alleine richtet es nicht

Jedoch ist auch an Orten, die video­tech­nisch erfasst wer­den, der Ein­satz von Sicher­heits­per­so­nal not­wen­dig. Denn eines muss klar sein: Die Tech­nik ist immer nur so gut wie das men­schen­ge­mach­te Kon­zept dahin­ter. Falls man sich für den Ein­satz von Kame­ras ent­schei­det, so ver­hin­dern die­se nicht jed­we­de Straf­tat — ein­grei­fen und auf­klä­ren müs­sen Sicher­heits­per­so­nal und Poli­zei. Was sich durch Video­be­wa­chung  ver­bes­sert, sind in jedem Fall zwei Punkte: 
  1. Die Chan­ce, dass eine Straf­tat auf­ge­klärt oder vom Täter ver­mie­den wird, erhöht sich
  2. Fach­leu­te kön­nen aus der Fer­ne mög­li­che Gefah­ren­si­tua­tio­nen bes­ser über­bli­cken und so effek­ti­ve Gegen­maß­nah­men in die Wege leiten.
Ein ganz­heit­li­ches Sicher­heits­kon­zept auf der kom­mu­na­len Ebe­ne soll­te immer aus meh­re­ren Maß­nah­men bestehen und muss zusätz­lich immer an die Gege­ben­hei­ten vor Ort ange­passt werden.

Uwe Gerstenberg

Sicherheitsexperte Uwe Gerstenberg ist Autor zahlreicher Buchbeiträge und Fachartikel. Seine Schwerpunktthemen sind die private und öffentliche Sicherheit in Deutschland.